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Bauen und leben mit Holz – Das Fachmagazin von Holzbau Schweiz

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«Ich bin gespannt auf die Ergebnisse des Forschungsprojekts ‹Holzrahmenbau-Wände mit Öffnungen›»

In NACH.GEFRAGT spüren wir bei Holzbauingenieuren und Ingenieurinnen nach, wie sich der Holzbau entwickelt und mit welchen Bauprojekten sie sich beschäftigen. Dieses Mal sprechen wir mit Andrea Molinari von der holztragwerke.ch AG in Zürich unter anderem über eine rückbaufähige Sporthalle in Zürich.

Interview Susanne Lieber | Foto zVg

Im Holzbau hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Was sehen Sie besonders
positiv an dieser Entwicklung?

Holz hat als einer der wichtigsten nachwachsenden Rohstoffe der Schweiz erheblich an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt aufgrund eines gesellschaftlichen Umdenkens in Richtung Nachhaltigkeit. Die enorme Entwicklung im modernen Holzbau hat dazu geführt, dass dieser nun auch mit der Massivbauweise konkurrieren kann. Dadurch sind CO2-intensive Baustoffe unter Druck und die Baubranche ist bestrebt, neue Baustoffe zu entwickeln. Wir können also gespannt sein, was diesbezüglich noch alles auf den Markt kommt. Man wird auch in Zukunft – in statischer sowie in architektonischer Hinsicht – auf eine breite Palette an verschiedenen Baumaterialien zurückgreifen können.

Welches sind Ihre persönlichen Leuchtturmprojekte – schweizweit oder international betrachtet?

Die Montagehalle der Pilatus Flugzeugwerke in Stans (NW) ist für mich persönlich ein sehr gelungenes Projekt. Bei einem «Leuchtturmprojekt» denke ich jedoch eher an das 85 Meter hohe Hochhaus Mjøstårnet im norwegischen Brumunddal, dessen Tragstruktur ganz und gar aus Holz besteht. Es ist faszinierend,  zu sehen, was alles machbar ist.

Wo sehen Sie im Holzbau noch Entwicklungspotenzial – planerisch, konstruktiv oder fertigungstechnisch?

Geeignete statische Konzepte und standardisierte Verbindungsmittel sind entscheidend für den Erfolg des Holzbaus, um auch zukünftig eine wichtige Rolle in der Baubranche einzunehmen. Vor allem muss Holz dort eingesetzt werden, wo es auch sinnvoll ist. Zudem bin ich gespannt auf die Ergebnisse des Forschungsprojekts «Holzrahmenbau-Wände mit Öffnungen» von der Berner Fachhochschule (u.a. in Kooperation mit Empa, ETH Zürich und Holzbau Schweiz; Anm.d.Red.), das voraussichtlich noch bis Juli 2025 läuft und uns vermutlich neue und interessante Ansätze im Wohnungsbau ermöglicht.

Was für einen Holzbau würden Sie gerne einmal planen und warum?

Die Planung eines Hochhauses wäre eine Herausforderung, die mich sehr reizen würde. Wer weiss, vielleicht ergibt sich ja eines Tages eine Gelegenheit dazu.

Was war die besondere Herausforderung beim Bau des Sporthallenprovisoriums Gloria­rank in Zürich (S. 22)?
Bei diesem Projekt spielte von Anfang an der Kreislaufgedanke eine sehr wichtige Rolle. Wie der Projektname schon andeutet, handelt es sich um ein Provisorium mit einer Nutzungsdauer von etwa zehn Jahren. Danach soll die Sporthalle rückgebaut und an einem neuen Standort wieder aufgebaut und weitergenutzt werden. Wiederverwendung anstatt Recycling! Ganze 85 Prozent der Bausubstanz bestehen aus Elementen, die nach der Nutzdauer rückbaufähig sind. Lediglich die Streifenfundamente der Sporthalle wurden in Ortbeton erstellt. Aufgrund der topo­grafischen Gegebenheit bedurfte es zusätzlich einer Stützmauer aus Beton. Diese wird jedoch bei einer Wiederverwendung der Sporthalle nicht benötigt. Das restliche Tragwerk, einschliesslich der Bodenplatte und des Liftschachts, wurde in Holzbauweise erstellt. Für die Stabilisierung der Sporthalle sind sämtliche vorhandenen Wandscheiben hinzugezogen worden, um die Lasten – möglichst gleichmässig verteilt über die Streifenfundamente – in den Baugrund abgeben zu können. Alles in allem finde ich das ein sehr gelungenes Projekt.

Andrea Molinari

Geboren wurde Andrea Molinari 1992 in Celerina (GR) . Nach seiner Bauzeichnerlehre im Engadin liess er sich an der Hochschule für Technik in Rapperswil zum Bauingenieur ausbilden. Danach absolvierte er Weiterbildungen in den Bereichen «Holztragwerke» und «Bauphysik im Holzbau» an der Fachhochschule in Biel. Seit 2019 ist er als Holzbauingenieur bei der holztragwerke.ch AG in Zürich tätig.
holztragwerke.ch

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