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Bauen und leben mit Holz – Das Fachmagazin von Holzbau Schweiz

4/2022 Für alle gemacht

BAU.WERK

Der Glaube an das Schöne

Mit einer architektonisch gelungenen Willkommensgeste in Holz heisst die historische Marienkirche in Davos ihre Schützlinge willkommen.

Text Susanne Lieber | Fotos Laura Egger | Pläne Krähenbühl Architekten Studio

Rund 600 Menschen bietet sie Raum. Raum zum Innehalten, aber auch Raum für Begegnungen. Die Marienkirche in Davos heisst alle willkommen. Nicht nur in übertragenem Sinne, sondern auch in architektonischem. Der Aussenbereich des Sakralbaus, der zwischen 1892 und 1894 entstanden ist, wurde im letzten Jahr neu gestaltet.

Ästhetischen Frieden finden
Anstoss für die Neugestaltung gab der schlechte Zustand jener Bauten, die im Laufe der Zeit zur Kirche hinzugefügt worden waren – an ihnen hatte der Zahn der Zeit ordentlich ge­nagt. Darunter Anbauten aus den 1970er Jahren und eine Aussentreppe. Es war unerlässlich, entsprechende bauliche Massnahmen zu ergreifen. Auch, um das historische Gebäude wieder in Einklang mit sich selbst und seiner Umgebung zu bringen. Deshalb wurde von der Kirchengemeinde, der Gemeinde Davos sowie der kantonalen Denkmalpflege ein Architekturwettbewerb ausgelobt. Daran teilgenommen hatte auch das Davoser Büro Krähenbühl Architekten Studio, das hierbei als Sieger hervorging.

Der Entwurf umfasst die Gestaltung von drei Nutzungsbereichen und verbindet diese zu einem stimmigen Ensemble in Holzbauweise: einen überdachten Platz vor dem Haupteingang, einen etwas tiefer liegenden überdachten Aufenthaltsbereich sowie einen Verbindungsweg entlang des Kirchenschiffs. Das Entfernen der maroden Bauelemente sorgte gleichzeitig für klare Verhältnisse – ein Teil davon hatte auf dem Nachbargrundstück gestanden.

Konstruktive Schönheit
Für die Ausführung der Holzarbeiten wurde Hoffmann Holzbau hinzugezogen, ebenfalls ein ortsansässiges Unternehmen. Kein Zufall, denn beim Projekt ist bewusst auf lokale Ressourcen gesetzt worden – hinsichtlich der Baubeteiligten, aber auch in Bezug auf die Materialien. Deshalb ist nur Bündner Lärchenholz für das sichtbare Tragwerk verwendet worden. Besonders eindrucksvoll kommt dieses beim Vordach am Kircheneingang zur Geltung. Das Flächentragwerk besteht hier aus Brettschichtholzträgern und quer dazu verlaufenden dünnen Lamellen. Getragen wird das Dach von massiven Lärchenstützen (200 × 340 cm) mit feldverkürzenden Bügen – eine Referenz an historische Holzbauten. Da die Anschlüsse der Büge auch Zugkräfte aufnehmen können, bilden sie zusammen mit dem Flächentragwerk einen Rahmen. Statisch wurde die Dachkonstruktion so berechnet, dass sie – sollte einmal Schnee vom Kirchen- auf das Eingangsdach niedergehen – der erhöhten Last standhält. Die Dachkon­struktion des unteren Aufenthaltsbereichs gestaltet sich formal etwas anders: Hier besteht das Tragwerk aus zweiteiligen Pfetten mit einer Sparrenlage, die zusammen mit den Bügen ebenfalls ein Rahmentragwerk bilden. Um ausreichend Stabilität zu erreichen, wurden die Stützen unten eingespannt.

Durch den neu gestalteten Aussenbereich hat die Marienkirche eine deutliche Aufwertung erhalten. Sie bildet endlich wieder ein stimmiges Erscheinungsbild – und das ist keine Glaubensfrage, sondern einfach schön. hoffmann-holzbau.ch

Georg Krähenbühl, Krähenbühl Architekten Studio

Geboren und aufgewachsen ist Georg Krähenbühl in Davos. Nach seinem Architekturstudium an der ETH Zürich ist er in verschiedenen Büros tätig – in Zürich, Basel und Graubünden. Dann entscheidet er sich für die Selbständigkeit und gründet 2017 das Krähenbühl Architekten Studio. Seit 2021 arbeitet er zudem in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Churer Architekten Rainer Weitschies zusammen. Georg Krähenbühl ist Vorstandsmitglied des Vereins Gute Bauten Graubünden und des Schweizerischen Werkbundes Ortsgruppe Graubünden. kraehenbuehlarch.ch


Das Projekt – die Fakten

Objekt: Marienkirche Davos, Neugestaltung des Aussenbereichs
Standort: Praviganweg, Davos (GR)
Wettbewerb: Eingeladenes Verfahren, 1. Rang (2020)
Fertigstellung: 2022
Bauherrschaft: Römisch-katholische Pfarreistiftung Davos
Architektur: Krähenbühl Architekten Studio (Georg Krähenbühl), Davos
Holzbauingenieur: Walter Bieler AG, Bonaduz (GR)
Holzbau: Hoffmann Holzbau, Davos Frauenkirch (GR)
Holz: Lärchenholz aus Graubünden, massiv (26 m3); Brettschichtholz (5,8 m3)
Baukosten: CHF 2 Mio.

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