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1/2023 Zusammen stark

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James Turrell: Lichtkunst im Paradies

Die Malediven sind ein Sehnsuchtsort – und Kulisse für ein Werk des kalifornischen Künstlers James Turrell. In seinem Holzpavillon fängt er nicht nur farbiges Licht, sondern auch den Himmel ein.

Text Susanne Lieber | Fotos Patina Maldives Fari Islands; Studio mk27, Jonas Poulsen | Pläne Timber Concept GmbH und SJB Kempter Fitze

 

D?ie Fari Islands sind ein Stück vom Paradies: weisse Sandstrände, türkisblaues Wasser, Palmen und ewige Sonne. Ein Teil der Malediven, wo betuchte Touristen ihr Reiseglück finden – und James Turrell die perfekte Kulisse für seine Kunst. Der 80-Jährige ist weltweit bekannt für seine Lichtinstallationen, mit denen er Raum, Licht und Farbe zu magischen Einheiten verbindet. Abstrakt, der Welt entrückt.

Der Kunstpavillon «Amarta» zählt zu Turrells sogenannten «Skyspaces». Bereits über 80 solcher Installationen gehören dazu. Das Besondere daran: Alle diese Räume haben nach oben hin eine Öffnung, durch die man in den Himmel blickt. Vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung entstehen fantastische Raum-Licht-Eindrücke.

Der schlichte quadratische Holzbau, nur wenige Schritte vom Sandstrand entfernt, misst eine Fläche von knapp 16,5 auf 16,5 Meter. Das Flachdach kragt dabei etwa 2 Meter über den Baukörper hinaus. Die Architektur wirkt zwar schlicht und simpel, doch in konstruktiver Hinsicht täuscht der Eindruck: Die Konzeption des Tragwerks war anspruchsvoll, weshalb nicht nur auf das Know-how der deutschen Timber Concept GmbH gesetzt wurde. Auch zwei Schweizer Holzbauprofis waren involviert: die Création Holz AG sowie das Ingenieurbüro SJB Kempter Fitze, beide aus Herisau (AR).

Besonders herausfordernd bei der Tragwerksplanung waren die Witterungsverhältnisse direkt am Meer. Trotz seiner filigranen Erscheinung muss der Bau starkem Wind sowie feucht-salziger Meeresluft standhalten können. Um die nötige Stabilität zu gewährleisten, sind deshalb an den vier Wänden die vertikalen Ständer mit Riegeln aus Iron Wood zu Wandscheiben verbunden worden. Vor allem aber  dem Wunsch Turrells von einem weit auskragenden Dach, dessen Kante quasi messerscharf auslaufen sollte, musste Genüge geleistet werden. Darüber hinaus sollte das Dach mittig ein «Loch» und eine absolut glatte,
horizontale Deckenunterseite aufweisen. Schlussendlich wurde für das Dach ein Tragsystem konzipiert, das aus stehenden Furnierschichtholz-Sparren gefertigt ist.

Insgesamt besteht die Dachkonstruktion aus mehreren Hundert Sparren, die durch Halbschalenverbindungen mit den entsprechenden Stützen verbunden sind. Diese Elemente sind an fünf unterschiedlich grossen Trägern fixiert, die einen zentralen Hauptträger am First aufweisen.

Die Konstruktion war anspruchsvoll, doch der Aufwand hat sich gelohnt: Der Holzbau bildet den perfekten Rahmen für Turrells Lichtkunst und bietet einen fantastischen Blick in den Himmel – den Himmel über dem Paradies.
creation-holz.ch, sjb.ch, timberconcept.de, studiomk27.com.br


Das Projekt – die Fakten

Objekt: Pavillon mit Raum-Licht-Installation «Amarta» von James Turrell
Standort: Fari Islands, Malediven
Bauherrschaft: Pontiac Land Group, Singapur
Fertigstellung: 2021
Architektur: Studio mk27, São Paulo (Brasilien)
Konzeptstudie: Création Holz AG, Herisau (AR)
Holzbauingenieur (Tragwerksplanung): SJB Kempter Fitze, Herisau (AR)
Konstruktions- und Fertigungsplanung (Bauteillieferung Holz):
Timber Concept GmbH, Weißensberg (DE)
Holzbau: Venturer Pte Ltd, Singapur
Holz: Brettschichtholz, Iroko-Brettschichtholz, Brettsperrholz (Innenwände),
Furnierschichtholz, Dreischichtplatten, Iron Wood
Gebäudemasse (Grundkörper ohne auskragendes Dach): 16,47 ×16,47 m
Geschossfläche: 271 m2

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